- Hiobs Antwort: Das Wohlergehen der Gottlosen
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- Darauf antwortete Hiob und sprach:
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- Hört, o hört doch an, was ich zu sagen habe;
das soll der Trost sein, den ihr mir gewährt!
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- Erlaubt mir, dass ich rede;
und nachdem ich gesprochen habe, magst du spotten!
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- Richte ich etwa meine Klage an einen Menschen? Und warum sollte ich nicht ungeduldig sein?
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- Wendet euch zu mir und staunt, und legt die Hand auf den Mund!
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- Ja, wenn ich daran denke, so erschrecke ich, und Zittern erfasst meinen Leib.
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- Warum leben denn die Gottlosen, werden alt, groß und stark?
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- Ihr Same gedeiht vor ihrem Angesicht um sie her, und ihre Sprösslinge sind vor ihren Augen.
- 9
- Ihre Häuser haben Frieden, keine Furcht;
die Rute Gottes schlägt sie nicht.
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- Sein Stier bespringt, und nicht umsonst;
seine Kuh kalbt ohne Fehlgeburt.
- 11
- Ihre Jungen lassen sie ausziehen wie eine Schafherde, und ihre Kinder hüpfen herum.
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- Sie singen laut zur Pauke und Laute und sind fröhlich beim Klang der Schalmei.
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- Sie verbringen ihre Tage in Wohlleben und fahren in einem Augenblick in das Totenreich hinab.
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- Und doch sprechen sie zu Gott: »Weiche von uns;
nach der Erkenntnis deiner Wege fragen wir nicht!
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- Was ist schon der Allmächtige, dass wir ihm dienen sollten, und was nützt es uns, ihn anzurufen?«
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- — Doch siehe, ihr Glück liegt nicht in ihrer Hand;
[darum] sei der Rat der Gottlosen fern von mir! —
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- Wie oft erlischt die Leuchte der Gottlosen und ereilt sie ihr Unglück, teilt Er ihnen Verderben zu in seinem Zorn,
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- werden sie wie Stroh vor dem Wind und wie Spreu, die der Sturm entführt?
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- Spart Gott das Unglück [des Gottlosen] für seine Kinder auf? — Ihm selbst sollte er vergelten, sodass er es weiß!
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- Seine eigenen Augen sollen sein Verderben sehen, und den Zorn des Allmächtigen soll er selbst trinken!
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- Denn was liegt ihm an seinem Haus nach seinem Tod, wenn die Zahl seiner Monate abgerissen ist?
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- Kann man Gott Erkenntnis lehren, da er es doch ist, der die Hohen richtet?
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- Der eine stirbt im Vollbesitz seiner Kraft, vollkommen ruhig und sorglos;
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- seine Tröge fließen über von Milch, und das Mark seiner Gebeine ist getränkt.
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- Der andere aber stirbt mit betrübter Seele und hat nie Gutes geschmeckt:
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- Gemeinsam liegen sie im Staub, und Gewürm bedeckt sie beide.
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- Seht, ich kenne eure Überlegungen und die listigen Pläne, mit denen ihr mir Unrecht tun wollt!
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- Denn ihr denkt: »Wo ist das Haus des Fürsten? Und wo ist das Zelt, in dem die Gottlosen wohnten?«
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- Habt ihr nicht die befragt, die auf dem Weg vorüberzogen? Und habt ihr ihre Hinweise nicht beachtet,
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- dass der Böse verschont wird am Tag des Unglücks und dem Tag des Zorns entgeht?
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- Wer kann ihm ins Gesicht seinen Wandel vorhalten, und sein Tun, wer vergilt es ihm?
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- Doch er wird [feierlich] zu Grabe getragen, und über seinem Grabhügel hält man Wache.
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- Angenehm sind ihm die Schollen des Tales;
hinter ihm her zieht jedermann, und vor ihm her eine unzählbare Schar.
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- Was tröstet ihr mich da mit Nichtigkeiten? Eure Antworten sind nichts als Trug!
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